Kirche = Versammlung von griech. ekklesia = Versammlung, und von griech. kyriaké = zum Herrn gehörig
Kirche bezeichnet die Versammlung der an Jesus Christus Glaubenden. Das im Neuen Testament verwendete Wort "ekklesia" wird auch im profanen antiken Griechisch für "Versammlung" gebraucht, ohne dass damit schon näher bestimmt ist, wozu diese Versammlung dient. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das christlich-kirchliche Selbstverständnis, das vier Grundfunktionen umfasst: - diakonia (Diakonie) - leiturgia (Liturgie, Feier) - martyria (Glaubens-Zeugnis geben) - koinonia (Gemeinschaft). Diese vier Funktionen gehören zusammen, wenn eine davon fehlt, kann man nicht mehr von "Kirche" sprechen: eine Versammlung ohne den diakonalen Aspekt der Sorge um die Benachteiligten wäre ein "Kulturverein" - eine Versammlung ohne die liturgische Feier wäre ein "Sozialverein".
In der biblischen und frühchristlichen Tradition (Paulusbriefe, 1 Tim, 2 Tim, Tit) wird die Kirche mit unterschiedlichen Bildern / Metaphern beschrieben, z.B. als „Leib mit vielen Gliedern“, als „Stadt“, als „Braut“, als „Schiff“, als „(patriarchale) Familie“, als „Volk Gottes“, … Diese Metaphern beschreiben Kirchen-Bilder einer bestimmten Zeit und Entwicklung, es sind keine Definitionen, wohl aber Kriterien, die einerseits den Selbst-Anspruch von Kirche damals darstellen, andererseits aber auch ein kritischer Maßstab für Kirche heute sind, ob sie der Metapher noch entspricht. Problematisch ist die Selbstbezeichnung der Kirche als „Volk Gottes“, denn dieser Begriff ist ursprünglich die Selbstbezeichnung der Juden als Gottes auserwähltes Volk. Von den Christen war damals mit „Volk Gottes“ die fortgesetzte jüdisch-christliche Tradition und das auf alle Völker ausgedehnte „Volk“ gemeint.
Jesus hat das Reich Gottes verkündet - nicht 'ne neue Religion gegründet
Jesus war Jude und ist es geblieben - auch seine Anhänger/innen waren Juden, selbst Paulus ist und bleibt nach seinem Selbstverständnis Jude, obwohl er an Jesus als Messias glaubt. Jesus hat weder "den Menschen den Glauben gebracht" - denn den hatten sie bereits: die Juden waren und sind Gottes auserwähltes Volk -, noch eine neue Religion gestiftet. Jesus hat auch nicht die Ämter, Regeln, Strukturen und Gottesdienstordnungen geschaffen, die unsere Kirchen und Gottesdienste heute prägen, denn die haben sich in ihrer Anfangsversion erst einige Jahrzehnte nach seinem Tod langsam entwickelt, als immer mehr Menschen an Jesus als Messias glaubten. Auch die von Jesus berufenen 12 Apostel sind keine "Kirche", nicht einmal symbolisch, denn dann hätte die Kirche an dieser 12-Zahl festgehalten und den Kreis der 12 Apostel immer wieder erneuert, was aber nicht der Fall war. Der Kreis der 12 Apostel - wenn es ihn denn gab, denn die Aufzählung der 12 ist in den Evangelien nicht identisch - hatte also eine andere Funktion.
Dennoch führen sich die Kirchen auf Jesus zurück. So begründet die katholische Kirche das Papstamt mit Mt 16,18: "Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen", während die evangelische Kirche in diesem Satz keine Amtsstiftung oder Amtsbeauftragung erkennen kann. Das zentrale Element für alle Kirche ist das "letzte Abendmahl", das Jesus mit seinen Jünger/innen vor seinem Tod gefeiert hat. Auch hier gibt es in den Evangelientexten keine Gründungsworte einer Kirche, wohl aber den Auftrag, an dieser gemeinschaftlichen Mahlfeier zur Erinnerung an Jesus festzuhalten. Diese Erinnerung stiftet Gemeinschaft und diese Gemeinschaft entwickelt sich weiter: erst zu einer größeren, dann zu mehreren Gemeinschaften - und schließlich zur ersten "Kirche". In der Erinnerung - im Rückblick - auf Jesus, auf seine Lehre vom Reich Gottes, auf sein Handeln und auf seine Gemeinschaft mit Ausgegrenzten - ist aus dieser "Erinnerungs-Gemeinschaft" unsere heutige "Kirche" entstanden.
Sakramente
sind Zeichenhandlungen, die etwas zum Ausdruck bringen und bewirken - und dadurch eine neue Wirklichkeit schaffen
In der katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente: Taufe, Buße, Eucharistie, Firmung, Ehe, Weihe, Krankensalbung; in der evangelischen Kirche gibt es zwei Sakramente: Taufe und Konfirmation. Ein Sakrament besteht immer aus zwei Elementen: einem sinnlich wahrnehmbaren Teil
(z.B. Wasser, Öl, Brot) und dem Wort-Teil, der die Gemeinschaft mit Gott zusagt. Sakramente sind Sprach-Handlungen (kommunikative Handlungen) mit performativer Wirkung, d.h. sie bewirken, was sie zur Sprache bringen. So wie ein Glückwunsch ausgedrückt wird, wenn ich sage: "Ich gratuliere Dir", oder eine Entschuldigung durch: "Ich entschuldige Dein Verhalten", oder eine Aufnahme z.B. in einen Verein durch: "Hiermit nehme ich Dich auf." Durch das Wort
geschieht etwas und es verändert sich etwas: das Wort hat etwas bewirkt. Darüber hinaus hat das Wort durch seine Wirkung eine neue Wirklichkeit geschaffen: die Aufnahme in den Verein hat stattgefunden, ich bin nun ein Mitglied; eine zerrüttete Beziehung ist wiederhergestellt durch die Entschuldigung und die Gratulation hat mich glücklich gemacht. Ebenso schafft das Sakrament der Taufe die neue Wirklichkeit der Zugehörigkeit zur Kirche. Die Firmung / Konfirmation ist die bewusste, eigene Entscheidung zur Nachfolge Jesu, die daraufhin das eigene Handeln und Leben verändert.
Die Sakramente sind Handlungen, die auch dazu beitragen, das Reich Gottes
zu verwirklichen, das wird z.B. bei der Vergebung (Bußsakrament) oder bei der Krankensalbung deutlich, weil kranke Menschen oft sozial ausgeschlossen sind, durch die Krankensalbung aber ausdrücklich die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft bestätigt wird. Sakramente empfangen können nur lebende Personen - und die Person muss das Sakrament auch empfangen wollen: ich kann also keinen Teddy taufen und ich taufe auch keine Leute, wenn ich mit der Gießkanne Wasser auf die Menschen in der Fußgängerzone spritze. Einige Sakramente können nur einmal empfangen werden: die Taufe, die Firmung / Konfirmation und die Weihe (nur in der katholischen Kirche). In diesen Fällen wird das Sakrament wie ein "unauslöschliches Siegel" verstanden [lat. character indelebilis], deshalb genügt ein Siegel, ich muss also nicht noch einmal getauft werden, wenn ich aus der Kirche ausgetreten bin und wieder eintrete - und auch nicht, wenn ich meine Konfession wechsele.
Der Papst ist nicht der "Stellvertreter Gottes"! Die "Unfehlbarkeit" ist keine intellektuelle oder charakterliche Eigenschaft, und der Papst kann nicht mal eben schnell ein Dogma verkünden.
Der Papst wird Nachfolger Petri
genant,
auch wenn eine lineare Kontinuität zwischen Petrus und den ersten Päpsten nicht nachweisbar ist, da der Titel "Papst" für die römischen Bischöfe erst ab dem 6. Jhd. regelmäßig verwendet wird. Am Anfang der urchristlichen Gemeindegründungen gab es noch kein Papstamt; auch die anderen Leitungsämter (Priester, Älteste, Bischöfe, ...) haben sich erst im Laufe der Zeit herauskristallisiert (ab ca 100 n.Chr.), denn sie setzen eine große Anzahl an Christusgläubigen voraus. Erst mit der Entstehung der fünf "Patriarchate" (= Verwaltungseinheiten, "Orts-Kirchen") von Jerusalem, Alexandrien, Antiochien, Byzanz und Rom beanspruchte der Bischof von Rom eine Vorrangstellung als "primus inter pares" (erster unter gleichen); aus dieser "ersten Position" (Primat) entwickelte sich dann der Vorrang des Bischofs von Rom. Als Nachfolger von Petrus gilt der Papst auch als Stellvertreter Christi
- womit aber nicht "Gott" gemeint ist! Hier muss man bedenken, wann ein "Stellvertreter" normalerweise "in Aktion tritt": doch erst dann, wenn die Person, die er vertritt, ihre Funktion nicht mehr ausführen kann oder nicht mehr anwesend ist. Nach seinem Tod ist Jesus zwar nicht mehr körperlich "anwesend", aber der auferstandene Christus hat seinen Anhänger/innen den Heiligen Geist gesandt - und der wirkt bis heute. Der Heilige Geist ist Gott selbst (Trinität). Kein Mensch kann "Stellvertreter Gottes" sein.
Die katholische Kirche sieht in der Zusage Jesu zu Petrus: "Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen..." (Mt 16,18) die Grundlegung für das Papstamt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das anschließende Wort von den "Schlüsseln des Himmelreiches" und vom "Binden und Lösen" (Mt 16,19) in genau gleicher Weise den Anhänger/innen Jesu gesagt wird (Mt 18,18) - eine besondere Position lässt sich aus dieser "Schlüsselgewalt" also nicht ableiten, es ist eher eine ernste Ermahnung, sorgsam mit anvertrauten Menschen umzugehen und dabei die Folgen des eigenen Handelns zu beachten. Der Papst ist auch nicht in allem, was er sagt oder schreibt "unfehlbar", sondern nur dann, wenn er etwas sagt, das sich auf die kirchliche Lehre bezieht - also nur in Glaubens- und Sittenfragen. Aber das auch nur dann, wenn es sich um etwas handelt, das schon lange in der Kirche geglaubt wird und dem die Mehrheit der Bischöfe zustimmt - und damit es gültig ist, muss er es formal "ex cathedra" (vom Lehrstuhl) verkünden. Kurz: ein Papst kann sich nicht einfach schnell mal ein neues Dogma (= Lehre) ausdenken. Wenn ein Dogma unter diesen Voraussetzungen formuliert ist, gilt es als "irrtumsfreie" und "verbindliche" Lehre der Kirche - was aber nicht heißt, dass es nicht noch erklärt und interpretiert werden kann. Dogmen wurden in der Anfangszeit der Kirche häufiger festgehalten, um die christliche Lehre zu präzisieren; in der Neuzeit sind Dogmen viel seltener, das "jüngste" Dogma von 1950 lehrt die Aufnahme Mariens in den Himmel mit Leib und Seele - wobei das nichts Außergewöhnliches ist, denn das glauben wir von uns auch.