Bibel

Bibel

Entstehung - Wahrheitsgehalt - Apokryphen - "Wort Gottes" - Verhältnis von "AT" und "NT" -
Schöpfung - Baum der Erkenntnis - Gott stellt sich vor (Ex 3) - Apokalypse

Gott hat nicht die Bibel geschrieben,
sondern Menschen haben ihre Erfahrungen mit Gott aufgeschrieben.

Das eine Buch der Bibel ist eigentlich eine Bibliothek: eine Sammlung von Texten, die eine Zeit von mehr als 1000 Jahren umfasst (von ca. 900 v. Chr. bis ca. 150 n. Chr.). Es haben also viele verschiedene Autoren die biblischen Texte verfasst - und im Laufe der Zeit auch bearbeitet und verändert: ergänzt, korrigiert, zusammengefasst, präzisiert, ...
So verschieden die Autoren, so unterschiedlich sind ihre Texte: es gibt Briefe, Lieder, Visionen, Chronologien, Reden, antike Geschichtsschreibung, Gebete, Regeln, Gebote, ...
Allen biblischen Texten gemeinsam ist, dass es ihnen um die Erfahrungen der Menschen von und mit Gott geht: es sind erzählte persönliche oder kollektive Gottes-Erfahrungen und deshalb Glaubens-Zeugnisse - und keine Tatsachenberichte.
Bevor die Bücher der Bibel verfasst wurden, gab es eine lange Zeit der mündlichen Tradition dieser Gottes-Erfahrungen. Spätestens mit der Sesshaftwerdung flossen diese verschiedenen Traditionen zusammen, doch die Spuren der unterschiedlichen Herkunft dieser Gottes-Erfahrungs-Erzählungen lassen sich auch heute noch erkennen. So gibt es z.B. zwei Bezeichnungen für Gott: eine Tradition nennt Gott (hebrä.) Elohim, eine andere JHWH; und es gibt zwei verschiedene Erzählungen von der Erschaffung der Welt (Gen 1,1-2,3 und Gen 2,4-25).
Im Neuen Testament stehen die vier Evangelien nebeneinander, die ihr je eigenes Jesus-Bild vermitteln - und dazu einladen, sich mit ihrem und mit dem eigenen Jesus-Bild auseinanderzusetzen.

Die Bibel ist kein Bio-Buch, sondern erzählt von Gottes-Erfahrungen,
deshalb ist das, was in der Bibel steht, nicht genau so passiert - und trotzdem ist es wahr: wie geht das?

Die Erzählungen in der Bibel sind subjektive Erfahrungs-Erzählungen, keine objektiven, wissenschaftlich-neutralen Berichte, denn die heutige Wissenschaft ist erst eine neuzeitliche Entwicklung. Die Menschen vor 2000-3000 Jahren wollten gar keinen objektiven Bericht abfassen, sondern ihre Erfahrungen mit Gott weitergeben, und da Erfahrungen subjektiv sind, sind auch die Erzählungen von diesen Erfahrungen subjektiv.
Deshalb sind die biblischen Erzählungen aber nicht weniger "wahr", denn sie enthalten die authentischen Erfahrungen der Menschen damals - aber wiederum nicht "neutral", sondern mit allen persönlichen Empfindungen und Hoffnungen gefüllt - und von der
Sehnsucht geprägt, dass ihre eigenen Erfahrungen andere Menschen anregen mögen, selbst nach Gott zu suchen.
Die biblischen Erzählungen sind also keine objektiven Tatsachenberichte, sondern subjektive Glaubens-Zeugnisse.

Das Wichtigste, was in den biblischen Erzählungen weitergegeben wird, sind nicht Gebote oder ethische Normen, sondern: Wege und Möglichkeiten zu eigenen Gottes-Erfahrungen.
Ein Problem besteht darin, ob oder wieso wir heute dennoch diese Erzählungen und Gottes-Erfahrungen der Menschen damals verstehen können, denn die biblischen Texte entstanden in einer völlig anderen Zeit und in einer ganz anderen Kultur.
Doch, wir können diese Erfahrungen auch noch heute verstehen, denn sie sind so elementar, dass sie allen Menschen gemeinsam sind! Deshalb können wir nach tausenden von Jahren und über unterschiedliche Kulturen hinweg die Erfahrungen der Menschen damals nachvollziehen: denn auch wir sehnen uns nach Frieden, nach Freiheit, nach glücklicher gelingender Gemeinschaft, nach Verständnis, ...
und auch wir heute wüssten gern mehr über Gott und hätten gern echte Begegnungen mit Gott.
Mehr über das Verstehen biblischer Texte lesen

Gott stellt sich vor: Gottes Name ist ein Verb - "sein"! (Ex 3)

Die Erzählung der Gottesbegegnung, die Mose am nicht-verbrennenden Dornbusch erlebt, ist ein zentraler biblischer Text, um Wesentliches von Gott zu erfahren. Wie alle biblischen Texte ist auch diese Erzählung nicht buchstäblich zu verstehen, sondern als Gotteserfahrung zu deuten. Einige wichtige Elemente dieser Deutung gibt es hier in Kürze:
- Die Geschichte beginnt mit einem Paradox, mit einem brennenden, aber nicht-verbrennenden Dornbusch (Ex 3,2): dieses "Phänomen" weist auf eine andere Realität hin, die nicht unserer normalen Erfahrung entspricht.
- Mose wird neugierig und will sich diese außergewöhnliche Erscheinung ansehen (Ex 3,3): Gott drängt sich nicht auf - um Gott zu entdecken, ist unsere Neugier, unsere Initiative, unser erster Schritt gefragt. Außerdem findet die Gotteserfahrung im normalen "Arbeits- Alltag" statt - Gott macht zwar durch Ungewöhnliches auf sich aufmerksam, könnte aber auch leicht übersehen oder einfach ignoriert werden.
- Als sich Mose dem Dornbusch nähert, ruft Gott ihn mit Namen an (Ex 3,4): Gott kennt uns, noch bevor wir Gott erahnen. Die "Kontaktaufnahme" geht von Gott aus, Gott antwortet auf das Suchen der Menschen - aber die Vorbedingung ist die (neugierige) Suche!
- Es entwickelt sich ein langes Gespräch zwischen Gott und Mose (Ex 3,4-4,17), Gott spricht Mose direkt an, in einer Sprache, die er versteht: wir können Gott verstehen und ganz normal mit Gott reden - auch über unsere Sorgen, Ängste, Zweifel und Bedenken, so wie Mose; vor Gott ist nichts peinlich.
- Mose soll seine Schuhe ausziehen, denn für Gott ist auch der Wüstenboden heilig (Ex 3,5): überall, sogar an "unschönen" Orten ist Gott gegenwärtig!
- Gott gibt sich zu erkennen und stellt sich vor, zeigt sich aber verborgen in einer Flamme (Ex 3,2 und 3,6): ein "Engel" erscheint in der Flamme, aber Gott selbst spricht zu Mose; Gott übersteigt unsere "Vorstellungskraft", es bleibt immer etwas "Unbekanntes", "Unbegreifliches", "Geheimnisvolles" an Gott (deshalb gibt es das "Bilderverbot").
- Gott stellt sich vor: ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs (Ex 3,6): es ist der Gott der Geschichte, den zuvor schon andere erfahren haben, als den Gott, der mit ihnen ist - und genau diese Zusage bekommt Mose jetzt auch: "Ich bin mit dir!" (Ex 3,12).
- Gott hat das Elend gesehen, die Klagen gehört und kennt das Leid (Ex 3,7.9): andere Götter wollen angerufen und mit Opfern zum Handeln bewogen werden, doch dieser Gott kennt alle Nöte und Sorgen der Menschen bereits, er handelt aus Eigeninitiative, denn Gott möchte die Freiheit der Menschen und dass es ihnen rundherum gut geht (Ex 3,8.10.).
- Aber Gott greift nicht einfach ein, denn damit würde Gott die Freiheit der Menschen nicht respektieren; Gott braucht Menschen, um die Befreiung umzusetzen, Menschen, die sich frei dazu entscheiden können (Ex 3,10-11).
- Gott nennt seinen Namen - das Verb "sein": "Ich bin" (Ex 3,14). Im Hebräischen klingt (anders als im Deutschen) bei dieser Verbform auch die Zukunft mit: "Ich-bin-ich-werde-sein". Zusammen mit der zuvor genannten Geschichtlichkeit (ich bin der Gott deines Vaters, ...) zeigt sich Gott als Gott der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft - Gott "ist" immer: ewig! - "mit dir!" (Ex 3,12).
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