Theologische Fachbegriffe

Theologische Fachbegriffe

theologische
Anthropologie
griech. anthropos = Mensch,
logos = Lehre: Wissenschaft über den Menschen

Was ist der Mensch? Genügt es, den Menschen rein biologisch (naturalistisch) zu definieren oder welche anderen Sichtweisen gibt es noch?
Nach philosophischen und theologischen - also nach den nicht-naturalistischen - Ansätzen unterscheidet sich der Mensch von anderen Lebewesen durch seine Personalität, durch seine Geist- und Vernunftbegabung sowie durch seine relative Entscheidungsfreiheit und die Möglichkeit zur Selbstbestimmung.

Die theologische Anthropologie beschreibt und deutet den Menschen aus christlich-theologischer Sicht auf der Basis der biblischen Tradition. Dabei beschäftigt sie sich mit der Beziehung des Menschen zu Gott, außerdem mit den Vorstellungen von der Seele des Menschen sowie von seinem Leib, seinem Geist, seinem Person-Sein, ...

Apokryphen / apokryph
= griech. verborgen,
aber nicht "geheim" oder "versteckt", sondern nur aussortiert

Apokryphe Texte oder Bücher sind solche, die nicht in den christlichen biblischen Kanon (= um 400 n. Chr. die Zusammenstellung der biblischen Bücher) aufgenommen wurden, sei es, weil sie nicht allgemein bekannt waren, sei es aus inhaltlichen Gründen oder weil sie erst entstanden sind, als die Zusammenstellung des Kanons schon abgeschlossen war.
Die Texte oder Bücher sind also nicht als apokryphe Schriften verfasst worden, sondern sie wurden durch den Beschluss, sie nicht in den Kanon aufzunehmen, zu Apokryphen gemacht.
Der Judasbrief zitiert z.B. noch aus dem Henochbuch, das später zu einer apokryphen Schrift wurde.
Die Vorstellung, welche Schriften in den biblischen Kanon gehören und welche nicht, hat sich in der Zeit gewandelt.
Im Judentum wurden alle Texte aus den hebräischen Heiligen Schriften „aussortiert“, die nicht auf Hebräisch (sondern auf Griechisch) geschrieben waren, z.B. das Buch der Weisheit, das Buch Tobit, das Buch Jesus Sirach, die Makkabäerbücher,… In der Septuaginta (= die griechische Übersetzung der hebräischen Bibel) sind diese Bücher jedoch enthalten, daher finden sie sich auch in der christlichen Bibel.
Im 16. Jhd. schließt Martin Luther wiederum einige Schriften aus seiner Bibel aus: diejenigen, die nicht in der hebräischen Bibel zu finden sind (z.B. Jesus Sirach, Weisheit, Tobit, Judith, ...) und diejenigen, die nicht zu seiner Theologie passen oder die er gering schätze, wie z.B. den Jakobusbrief und den Hebräerbrief.  Inzwischen finden sich auch in der Lutherbibel wieder (fast) alle Schriften, die in der Antike als kanonisch galten, doch das Inhaltsverzeichnis der Lutherbibel sieht deshalb anders aus als das der katholischen Einheitsübersetzung.
Neben den Schriften, die nicht in die hebräische Bibel bzw. ins "Erste Testament" aufgenommen wurden, gibt es auch die neutestamentlichen Apokryphen, z.B. das Petrus-Evangelium, das Evangelium der Maria (Magdalena), das Thomas-Evangelium, das Jakobus-Evangelium, die Akten des Paulus und der Thekla, die Pilatus-Akten, …
Diese alten Schriften spiegeln unterschiedliche Glaubensvorstellungen wider; auch wenn diese Texte nicht in der Bibel stehen, sind sie wertvoll, um über den Glauben der Menschen damals etwas zu erfahren.

Christologie / christologisch
griech. Christos = Messias,
griech. logos = Lehre:
Lehre über Christus bzw. den Messias

Ist Jesus von Nazareth derselbe wie der auferstandene Christus?
Die Christologie untersucht die Identität zwischen dem irdischen Jesus von Nazareth und dem auferweckten Jesus Christus. Eine Lehre allein nur über den irdischen Jesus, über seine Lehre und sein Handeln, wäre eine Jesulogie; das Kreuz wäre dann das Ende. Wenn das Kreuz Jesu jedoch kein Scheitern war, wie lässt es sich dann deuten – und wie lässt es sich mit dem barmherzigen, verzeihenden Gott, den Jesus immer verkündete, zusammenbringen? Im Kreuzestod und in der Auferweckung Jesu zeigt sich Gott in seiner Liebe und Nähe zum Menschen sogar in Leid und Tod - und mit der Auferweckung auch darüber hinaus.
Im „historischen-irdischen“ Jesus (in seiner Persönlichkeit, in seinem Lehren und Handeln: in seiner Gottesbeziehung) war „etwas“, das über ihn hinaus wies auf Gott: in Jesus „schien Gott durch“. Zu seinen Lebzeiten merkten die Menschen, dass Jesus „besonders“ war, ein „Prophet“ - dass er „mehr“ war, erkennen die Jünger/innen erst in seiner Auferweckung (nach seinem Tod / Scheitern) und in den Erscheinungen.
Die Christologie geht davon aus, dass Gott mit der Auferweckung Jesus, seine Lehre und sein Wirken, bestätigt - und damit Jesu Beziehung zu sich.
Erst mit der Auferstehung und der Erscheinung Jesu erkennen und verstehen die Jünger/innen im Nachhinein, wer Jesus wirklich war: wenn er von Gott als „mein / euer Vater“ sprach, ist er natürlich der „Sohn Gottes“, wenn er Gottes Vergebung lehrte und Sünden vergab, ist er der „Retter“ und „Herr“.
Diese nach-österliche Sicht auf den auferstandenen Jesus kommt in den Hoheitstiteln für Jesus zum Ausdruck: "Sohn", "Herr", "Messias / Christus", ...
Deshalb unterscheidet die Christologie
die implizite (unausdrückliche) Christologie: die Beziehung Jesu zu Gott als seinem Vater (Jesu Person, Jesu Selbstverständnis), die sich in seinen Worten und Taten zeigt; und die explizite (ausdrückliche) Christologie, die die christologischen Bekenntnisformeln der Jünger/innen bzw. der christlichen Verkündigung umfasst, die Jesus aus der Glaubensperspektive beschreiben: Jesus ist „der Herr“, „Messias“, „Sohn Gottes“, „Menschensohn“, „Retter“, ...

Jesus als
"Logos"
(griech.): Wort, Geist, Lehre

Das griechische Wort logos bezeichnet besonders im Johannesevangelium Jesus, der - von Gott gesandt - all das verwirklicht hat, was Gott ihm aufgetragen hat. Das „wirk-mächtige“ Wort Gottes ist aus der ersten Schöpfungserzählung bekannt: Gott spricht - und es geschieht.
Der Prophet Jesaja formuliert ähnlich: „So ist es auch mit dem Wort, das meinen (= Gottes) Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe“ (Jes 55,11). Über die Vorstellung, dass Jesus das „Wort“ Gottes ist, lässt sich die Prä-existenz Jesu (= Jesu Existenz schon vor der Erschaffung der Welt) und seine Göttlichkeit beschreiben.
Später knüpfen trinitarische Überlegungen auch an diese Logos-Vorstellung an.

Eine noch ältere Vorstellung als der „männliche“ Logos (das griech. logos ist maskulinum) ist seit über 2300 Jahren im Judentum die Vorstellung von der weiblichen „Weisheit“ (= griech. Sophia, femininum), die von Anfang an mit und neben Gott da war. Das Buch der Weisheit beschreibt "die Weisheit, die an deiner (= Gottes) Seite thront" (Weish 9,4) noch differenzierter als "Widerschein des ewigen Lichts", als "ungetrübten Spiegel der Kraft Gottes" und als "Bild der Güte Gottes" (Weish 7,26); "in ihr ist nämlich ein Geist, vernunftvoll, heilig, einzigartig, mannigfaltig, zart, beweglich, durchdringend, unbefleckt, klar, das Gute liebend, scharf, nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, fest, sicher, ohne Sorge, alles vermögend, alles überschauend" (Weish 7,22-23).
Da die Vorstellung von einer personifizierten (weiblichen) Weisheit im irdischen (männlichen) Jesus schwierig war, bot „logos“ eine gute Alternative, um dieselbe Glaubensüberzeugung auszudrücken: Jesus war von Anfang an schon bei Gott, wirkt alles im Auftrag Gottes und kehrt zu Gott zurück.

Messias (hebrä.) =
Christus (griech.) =
Gesalbter

Zur Zeit des Ersten Testaments wurden die Menschen gesalbt, die im Dienst Gottes standen: Propheten, Priester, Könige.
Der „Gesalbte“ ist also jemand, der im Auftrag Gottes wirkt; die Könige, Priester und Propheten sollten im Dienst Gottes stehend dafür sorgen, dass Gottes Wille bzw. Gottes Herrschaft / das Reich Gottes verwirklicht wird.
Als Gegenbild zu den Königen, die eher eigene politische Ziele verfolgten und oft scheiterten, entstand das Idealbild des „Messias“ als endzeitliche Rettergestalt. Der Messias hat den Auftrag, Gottes Herrschaft / das Reich Gottes aufzurichten.
Der Messias ist im Judentum ein Mensch - kein göttliches Wesen. Zu allen Zeiten (in der Antike, im Mittelalter und in der Neuzeit) traten im Judentum Menschen auf, die für diesen „Messias“ gehalten wurden. Da nach verbreiteter jüdischer Vorstellung der Messias nicht stirbt und da mit ihm das Reich Gottes verwirklicht ist, sind all diejenigen „Messiasse“, die gestorben sind, falsche Messiasse - außerdem ist das Reich Gottes noch nicht für alle „sichtbar“, also wird der Messias noch erwartet.
Aus christlicher Sicht ist Jesus dennoch der Messias, weil mit ihm das Reich Gottes begonnen hat. Neu ist dabei der Gedanke, dass das Reich Gottes ein Prozess ist, der noch andauert, deshalb ist das Reich Gottes noch nicht vollendet.
Dass Jesus am Kreuz gestorben ist, ist aus christlicher Sicht ebenfalls kein Widerspruch zur Messias-Vorstellung, denn Jesus wurde von Gott auferweckt, er ist auferstanden und hat damit den Tod als "endgültiges Ende" besiegt und gezeigt: Gott ist stärker als der Tod, es gibt ein Leben nach dem Tod bei Gott.

Ein Mythos
will den Ursprung oder die Entstehung von natürlichen und kulturellen Wirklichkeiten erklären und beantwortet grundlegende Fragen der Menschen, z.B.:
Wie ist die Welt entstanden?
Warum gibt es den Tod?
Woher kommt das Böse?

So ist die Erzählung vom „Turmbau zu Babel“ ein Mythos, der die vielen Sprachen und die Feindschaft zwischen den Menschen erklären möchte.
Die Schöpfungserzählungen enthalten mythische Elemente, denn sie erklären auch die Entstehung der Welt oder die Partnerschaft oder die Macht der Menschen über die Tiere, doch ihr eigentliches Ziel sind Aussagen über Gott und über die Menschen (Gottesbeziehung) sowie über die Verantwortung der Menschen für die Welt, sie sind also keine Mythen im engeren Sinn wie z.B. das Gilgamesch-Epos.
Die biblischen Schöpfungsgeschichten enthalten zudem deutliche Kritik an den bekannten Mythen der antiken Welt, sie sind ein ausdrücklicher Gegen-Entwurf: in den orientalischen Mythen geschah die Entstehung der Welt und der Menschen als „Nebenprodukt“ aus den Überresten eines Götterkampfes oder aus „Ausflüssen“ (Tränen, Schweiß, Blut…) der Götter – biblisch ist alles ausdrücklich von Gott gewollt, ja sogar "sehr gut"!
Während Sonne und Mond in den orientalischen Mythen selbst Götter sind, sind sie biblisch nur „Himmelslichter“, die Gesetzen unterworfen sind. Die Menschen werden in den orientalischen Mythen sich selbst überlassen oder gar zum Krieg angestiftet, biblisch haben die Menschen den Auftrag, die Schöpfung weiterzuführen und verantwortungsvoll zu herrschen.
Während die antiken Mythen nur erklären, wollen die biblischen Schöpfungserzählungen außerdem Handlungsimpulse geben (z.B. verantwortungsvoll herrschen, Gottes Weisungen akzeptieren).
Über die antiken Mythen hinaus enthalten die biblischen Schöpfungserzählungen also moralische Elemente und spirituelle Impulse für eine gelingende Gottesbeziehung.

Sünde oder Schuld - gibt's da einen Unterschied?

Sünde und Schuld bezeichnen beide ein Fehlverhalten, das das Gegenüber verletzt oder ihm schadet.
Der Unterschied liegt darin, dass sich Sünde nur auf Gott bezieht, während sich Schuld nur auf Menschen bezieht.
Sünde und Schuld setzen die Freiheit voraus, sich selbst zu entscheiden und nach eigenem Willen zu handeln. Mit dieser Freiheit ist die Verantwortung für das eigene Handeln verbunden.
Doch nicht nur das aktive Handeln zählt, denn das absichtliche Unterlassen ist "Handeln durch Nichtstun", durch das ich ebenso schuldig werden kann.
Wer sein Handeln nicht oder nur wenig reflektieren kann, ist nicht oder nur eingeschränkt schuldfähig, deshalb sind Kleinkinder oder Kinder nicht im selben Maß schuldfähig wie Erwachsene.
Wer nicht an Gott glaubt oder wer an einen Gott glaubt, der nicht von menschlichem Handeln beeinflusst wird, kann auch nicht sündigen, denn Sünde setzt voraus, dass es Gott (als "mein Gegenüber") gibt und dass ich mit meinem Handeln einen Einfluss auf Gott und auf unsere gegenseitige Beziehung habe, so dass ich Gott enttäuschen oder verletzen kann.
Wenn ich ernst nehme, dass Gott mich liebt - und Liebe ist verletzlich -, dann beeinflusst mein Handeln und Verhalten  selbstverständlich auch Gott. Weil Gott aber nicht nur mich liebt, sondern Dich und die anderen Menschen auch, kann ich Gott auch enttäuschen, wenn ich anderen Menschen schade.
Dasselbe gibt es auch in unseren Beziehungen: wir sind enttäuscht, wenn ein von uns geliebter Mensch einer anderen Person, die wir ebenfalls lieben, schadet.
Allerdings ist Gottes Liebe zu uns viel "stärker" als unsere menschliche Liebe, so dass Gott durch unser Fehlverhalten nicht "todtraurig" wird - aber wenn wir überhaupt unseren Einfluss auf Gott leugnen würden, gäbe es keine ernstzunehmende persönliche Beziehung, die sich "Liebe" nenen dürfte und es gäbe auch keine Vergebung.
Die Bibel erzählt in vielen Geschichten, wie emotional bewegt Gott über das Fehlverhalten von Menschen ist, aber genauso viele Erzählungen gibt es, in denen Gott die Menschen immer wieder trotz ihres Fehlverhaltens annimmt und ihnen verzeiht. Die bekannteste ist wohl das Gleichnis vom "barmherzigen Vater und dem verlorenen Sohn" (Lk 15,11-32).

Die Zwei-Quellen-Theorie
erklärt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Evangelien

ist seit dem 19. Jhd. eine anerkannte Theorie, die die zahlreichen Gemeinsamkeiten, die markanten Unterschiede und die gegenseitigen Abhängigkeiten der Evangelien von Markus, Matthäus und Lukas zu erklären versucht.
Diese Hypothese besagt, dass die Evangelisten Matthäus und Lukas für ihre Evangelien sich der selben zwei Quellen bedient haben: dem Markusevangelium und der „Logienquelle Q“ (griech. logion = Wort). Die Logienquelle "Q" bezeichnet eine Sammlung von Sprüchen Jesu ohne Handlungszusammenhang; eine Logienquelle ist nicht erhalten, sie kann rekonstruiert werden.

Neben dem Markusevangelium und der Logienquelle Q haben Matthäus und Lukas noch ihr je eigenes Sondergut verwendet und damit ihren eigenen theologischen Schwerpunkt gesetzt.
Markante Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Profilierung der je eigenen theologischen Position der Evangelisten lassen sich in den Passionserzählungen (= Verurteilung und Kreuzigung Jesu) beobachten.
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