Mensch als Ab-Bild

Der Mensch als Ab-Bild Gottes (Gen 1,26-27)
Cordula Langner (2018)


Die Gottes-Ebendbildlichkeit meint nicht die substanzielle Ähnlichkeit, dass der Mensch wie Gott „aussieht“ und meint im falschen Umkehrschluss auch nicht, dass Gott aussieht wie ein Mensch; von Gott können wir nur „analog“ reden.
Was bedeutet es, wenn wir Ab-Bild Gottes sind? Wie ist die Gottes-Ebenbildlichkeit zu verstehen?
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann in dem Sinn verstanden werden, dass der Mensch Gott auf Erden „repräsentiert“ – damit ist zwar die Aufgabe und Verantwortung des Menschen für die Schöpfung ausgedrückt, aber der Mensch wird als „Repräsentant Gottes“ zu einseitig in seiner Macht, mit seinen Fähigkeiten gesehen, seine Schwächen und Grenzen werden ausgeklammert – und damit auch Kranke, Behinderte, …
• Eine Lösung, Leidende und Behinderte in die Gottesebenbildlichkeit einzubeziehen, könnte sein, auf den am Kreuz gescheiterten und leidenden Jesus als das Ebenbild Gottes zu verweisen. Positiv sind damit auch alle Leidenden Ab-Bild Gottes – allerdings besteht die Gefahr, dass Leid als Gott-gewollt angesehen werden könnte. Jesus hat aber nicht gern gelitten! Er hat sich bewusst den Ausgegrenzten zugewandt, er hat Kranke geheilt und Sünden vergeben, weil Leid eben nicht Gott-gewollt ist.
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann geistig-moralisch verstanden werden, in dem Sinn, dass der Mensch vernünftig ist, denken kann, zwischen „gut“ und „böse“ unterscheiden kann, … Damit würde aber geistig Behinderten, Dementen, Ungeborenen, … die Ähnlichkeit abgesprochen werden.
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann funktional verstanden werden, in dem Sinn, dass der Mensch wie Gott verantwortungsvoll(!) herrschen soll – doch damit würde der Mensch einseitig von seiner Leistungsfähigkeit her gesehen werden, sein Scheitern und seine Schwächen würden ausgeklammert werden, ebenso alle Schwachen, Kranken, Scheiternden …
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann relational verstanden werden, in dem Sinn, dass der Mensch (wie Gott) auf Beziehung hin ausgerichtet ist: der Mensch ist auf andere Menschen angewiesen – dafür spricht, dass Mann und Frau gemeinsam Abbild Gottes sind – und der Mensch ist auf Gott hin ausgerichtet, so wie Gott auf die Menschen hin ausgerichtet ist. Dieser Ansatz integriert die Schwächen und die Hilfsbedürftigkeit des Menschen und die grundgelegte Gottesbeziehung. Insofern sich Beziehungen verändern (wachsen, vertiefen, aber auch scheitern) können, ist auch die Verantwortung und die Freiheit des Menschen einbezogen. Der Mensch in seiner Beziehungsfähigkeit ist dann Ab-Bild Gottes und zwar insofern er Beziehungen aktiv gestaltet und insofern er auf Beziehung (Fürsorge, Hilfe) angewiesen ist.
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann summarisch und prozesshaft verstanden werden, in dem Sinn, dass nur alle Menschen gemeinsam (Junge, Alte, Kranke, Gesunde, Behinderte, ...) Ab-Bild Gottes sind und werden – damit ist die Vielfältigkeit in Gott ausgedrückt („lasst UNS Menschen machen, UNS ähnlich“, Gen 1,26), ebenso die Entwicklung und Veränderung (als Prozess) in Gott und in den Menschen sowie die Beziehungsfähigkeit und Angewiesenheit des Menschen auf andere. Diese Deutung muss das Missverständnis ausschließen, dass jeder Mensch nur teilweise ein „Ab-Bild“ Gottes ist und dass es unterschiedlich „wertvolle“ „Ab-Bild-Teile“ gibt. Ein Bild für dieses summarisch-prozesshafte Ab-Bild-Verständnis wäre ein „Film“, in dem jeder Mensch ein vollständiges, wertvolles Einzel-Bild ist, aber erst der gesamte Film die Gottesebenbildlichkeit darstellt.
• Die Gottes-Ebenbildlichkeit kann hinsichtlich innerlicher Fähigkeiten und Bedürfnisse verstanden werden, in dem Sinn, dass der Mensch fähig ist zu lieben und geliebt werden möchte, dass er fähig ist, Mitgefühl zu haben und sich Mitgefühl wünscht, dass er barmherzig sein kann und sich Barmherzigkeit wünscht, dass er verzeihen kann und sich Verzeihung wünscht, dass er gütig und verständnisvoll ist und sich dasselbe für sich wünscht… (Dieser Ansatz gleicht dem relationalen Verständnis, gewichtet aber stärker die inhaltliche Qualität der Beziehung als die Beziehung an sich.)
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